14.06.2017
Landschaftsforum 2017- „Grüne Infrastruktur als Zukunftsstrategie“
Die Eingriffsregelung ist bundesweit ein etabliertes Naturschutzinstrument. Doch zunehmende Flächenkonkurrenzen und Flächenengpässe stellen hohe Anforderungen an Projektträger und Dienstleister. Deshalb erzielen die Bündelung und Vernetzung von Kompensationsleistungen einen multifunktionalen Mehrwert gegenüber einzelnen Ausgleichsmaßnahmen – vor allem mit Hinblick auf die Effektivität großer, zusammenhängender Projekte. Dieser Ansatz wird unterstützt durch die EU-Initiative „Grüne Infrastruktur“.
Auf ihrer Fachtagung am 1. Juni in der RAG Repräsentanz in Ensdorf ging die Landschaftsagentur Plus mit Vertretern aus Verwaltung, Wirtschaft, Planungsbüros und Flächeneigentümern der Frage nach, welchen Beitrag Kompensationsmaßnahmen hierzu leisten können, und welche Rahmenbedingungen integrierte Kompensationsprojekte brauchen, um höchstmögliche Effizienz zu erzielen. Das Landschaftsforum bot erstmalig im Saarland eine Plattform, Lösungsansätze zu diskutieren und grenzüberschreitende Praxisbeispiele kennenzulernen. Rund 100 Interessierte folgten der Einladung der Landschaftsagentur Plus. Eröffnet wurde die Veranstaltung von Reinhold Jost, Minister für Umwelt und Verbraucherschutz des Saarlandes.
Gleich zu Beginn des Landschaftsforums forderten die Geschäftsführer der Landschaftsagentur Plus, Nicole Büsing und Martin Strauß, ihre Gäste dazu auf, sich aktiv an den Diskussionen zu beteiligen, die sich an jeden Vortrag anschlossen. „Die hohe Anzahl von Anmeldungen zeigt, dass die Thematik „Kompensation als multifunktionale Aufgabe“ genau richtig gewählt war“, bekräftigte Strauß. „Neben dem Umweltschutz nehmen hierbei Themen wie Erlebbarkeit, Hochwasserschutz und Städtebau eine weitere wichtige Stellung ein.“ Gleichzeitig hoben die beiden Geschäftsführer hervor, dass man als Dienstleister sehr konstruktiv und lösungsorientiert mit den Ministerien zusammenarbeite.
Der saarländische Minister für Umwelt und Verbraucherschutz, Reinhold Jost, referierte über die „Grüne Infrastruktur“ als Zukunftsstrategie. Er lobte die gute Zusammenarbeit der einzelnen Entscheidungsträger und stellte heraus, dass Ökologie und Ökonomie kein Widerspruch sein müssten. So habe der Naturschutzbund (NABU) beispielsweise den SaarForst ausgezeichnet, der sich bei seiner Forstwirtschaft an den natürlichen Prozessen des Waldes orientiere und die Biodiversität schütze. Zudem sei das Saarland bundesweit führend, was die Ökologische Landwirtschaft angehe. 17 Prozent stehen hier dem Bundesschnitt von sieben Prozent gegenüber. „Wir sind schon gut, aber nicht so gut, dass wir nicht noch besser werden können“, sagte der Umweltminister. Innerhalb der Biodiversitätsstrategie des Saarlandes soll neben den gesetzten Handlungsfeldern das Thema Kompensation als neues Handlungsfeld hinzukommen. Darüber hinaus ist ein kommunaler Landschaftsplan in der Diskussion. Dieser soll als Planungsinstrument zur Wahrnehmung und Wahrung der Belange des Naturschutzes und der der Landschaftspflege im Rahmen der kommunalen Planungshoheit dienen.
Als Partner des Netzwerks „Grüne Infrastruktur“ sprachen Nicole Büsing, Siegfried Schuch, Vorstandvorsitzender NABU Rheinland-Pfalz, und Anne Schöps, Geschäftsführerin Bundesverband der Flächenagenturen in Deutschland e.V.. Nicole Büsing führte aus, dass man bei integrierten Projekten bereits schöne Erfolge erzielte. Bei einer Renaturierungsmaßnahme an der Lippe zum Beispiel habe sich nach drei Monaten ein Eisvogel-Paar angesiedelt. Aus NABU-Sicht sei bei Kompensationsmaßnahmen vor allem der räumlich-funktionale Ausgleich anzustreben, erklärte Siegfried Schuch. Zur Thematik der Ökokonten und den unterschiedlichen Handhabungen in den Bundesländern referierte Anne Schöps.
Über die „graue Infrastruktur“ berichteten aus ihrer alltäglichen Arbeit Michael Hoppstädter, Direktor Landesbetrieb für Straßenbau des Saarlandes (LfS), Andreas Pick, EnBW Energie Baden-Württemberg AG, und Rudolf Krumm, Prokurist RAG Montan Immobilien. Michael Hoppstädter erklärte, dass der LfS Ökologische Werteinheiten teils zukaufe. Dies habe den Vorteil, dass keine eigenen Planungen erforderlich seien und es eine schnelle und ausreichende Verfügbarkeit gebe. “Vertrauen in die Fachkompetenz der planenden Ingenieure ist dabei Voraussetzung“, so Hoppstädter. Andreas Pick plädierte dafür, lokale Projekte zu berücksichtigen und Methoden zur Eingriffsbewertung zu vereinheitlichen. Im Laufe des Nachbergbaus habe ein Paradigmenwechsel stattgefunden, erläuterte Rudolf Krumm. So nehme man beispielsweise Halden als Teil der Identität des Saarlandes wahr und wolle diese nicht unbedingt nur mehr aufforsten, sondern „grau“ belassen. Die Renaturierung des Fischbaches in Quierschied beispielsweise sei Teil des Abschlussbetriebsverfahrens der Halde Göttelborn und biete einen umfangreichen Hochwasserschutz für die Gemeinde.
„Best-Practice-Beispiele“ für integrative und nachhaltige Ansätze schilderten Michael Adam, Bürgermeister Stadt Sulzbach, Josef Himmelmann, Bürgermeister a.D. Stadt Olfen, und Ewald Steinmann, Vorstandsvorsitzender Vogelsang-Stiftung, und Frank Wolf vom Luxemburgischen Ministerium für nachhaltige Entwicklung und Infrastruktur. Michael Adam stellte die geplante Renaturierung des Sulzbaches auf 1,2 Kilometer vor. Neben der städtebaulichen und ökologischen Aufwertung der Stadtmitte wird sich die Maßnahme positiv auf den Hochwasserschutz auswirken und der Stadtpark wird sich zu einem schönen Aufenthaltsort für die Bevölkerung entwickeln. Josef Himmelmann und Ewald Steinmann schilderten ihre Erfahrungen mit dem Projekt Zwei-Stromland in Nordrhein-Westfalen und den langen Weg ihrer Nachbarkommunen zu einer gemeinsamen und aufwertenden Ausgleichsmaßnahme. Aus der Nachbarregion schilderte Frank Wolf den Umgang mit Kompensationsflächenmanagement und den Aufbau eines nationalen Flächenpools in Luxemburg.
Im Anschluss an die Vortragsreihe fuhren die Teilnehmer zu einer Exkursion zum Saarpolygon auf der Halde Duhamel.